Nonverbale Kommunikation geschickt nutzen

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Nonverbale Kommunikation

Ob es uns nun bewusst ist oder nicht: Wir kommunizieren die ganze Zeit mit unserem Hund nonverbal, und er mit uns! Denn wie Paul Watzlawick schon sagte „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Auch, wenn keiner etwas sagt, fließen dennoch Informationen: Mimik und Gestik, Körpersprache, Blicke, Berührungen und – besonders wichtig für unsere Hunde: Gerüche – sagen oft mehr als viele Worte. Vielleicht bist du auch schon mal in einem Raum voller Leute gekommen und wusstest sofort, bevor irgendjemand etwas gesagt hat: Hier ist dicke Luft, jemand hat sich gestritten oder ist sauer… Dies hast du über die nonverbale Kommunikation wahrgenommen. Doch wie können wir diese Form der Kommunikation bewusst im Umgang mit unserem Hund einsetzen und nutzen?

Nonverbale Kommunikation – Was heißt das eigentlich?

Wir Menschen kommunizieren in erster Linie digital, also über Sprache. Zumindest, wenn es um den bewussten Austausch von Informationen geht, greifen wir auf die verbale Kommunikation zurück. Dabei wird jedoch häufig der weniger bewusste nonverbale, auch analog genannte, Anteil vergessen. Tatsächlich gibt es Annahmen, dass die größtenteils unbewussten analogen Elemente in der Kommunikation zwischen Menschen circa 80 Prozent ausmachen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Mimik und Gestik
  • Tonfall
  • Lautäußerungen wie Lachen
  • Kleidungsstil
  • Make-up etc.

Also alle Dinge, die Informationsgehalt für das Gegenüber haben, aber eben nicht auf verbaler Sprache beruhen. Wir Menschen neigen mitunter auch gegenüber unserem Hund dazu viel zu reden. Das ist erstmal in Ordnung. Problematisch wird es dann, wenn das, was wir verbal ausdrücken, im Widerspruch mit den nonverbalen Anteilen der Kommunikation steht. Denn Hunde sind naturgemäß sehr viel mehr daran interessiert, was wir analog ausdrücken und unglaublich fein darin uns zu lesen.

Die Stimmung macht’s – Himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt!?

Es ist Freitagnachmittag und die Sonne lacht. Du hast gerade eine Gehaltserhöhung bekommen und ein tolles Wochenende mit Freunden steht vor der Tür. Aus lauter Freude bist du mit deinem Hund an einen See gefahren und gehst dort spazieren. Dein Hund läuft die ganze Zeit von alleine in deiner Nähe, ist aufmerksam und himmelt dich förmlich an. Ihr spielt zusammen und habt Spaß. Die Signale, die du deinem Hund gibst, werden sofort von ihm umgesetzt. Ja, sogar der Rückruf aus einer Gruppe spielender Hunde klappt! Was für ein Tag! Drei Tage später: Es ist Montagnachmittag und dein Urlaubsantrag wurde gerade abgelehnt. Auf dem Weg nach Hause wirst du geblitzt und kassierst ein Knöllchen. Und für das nächste Wochenende haben sich die Schwiegereltern angekündigt. Du läufst mit deinem Hund, um den Kopf frei zu bekommen, aber ständig musst du ihn ermahnen nicht so weit wegzulaufen. Überhaupt scheint dein Hund heute was mit den Ohren zu haben. Alle Signale musst du dreimal geben, ehe er sie umsetzt. Und schließlich läuft er sogar einfach quer über das Feld und es dauert ewig, bis du ihn wieder eingefangen hast. Was für ein Tag!
Was ist passiert? Hat dein Hund über das Wochenende etwa alles verlernt? Nein, er hat schlicht und einfach auf die nonverbalen Anteile der Kommunikation reagiert!

Ein Mensch mit guter Stimmung strahlt dies auch über seine gesamte Mimik und seine Körpersprache aus. Sein Tonfall in den Signalen ist freundlich motivierend, seine Atmung frei, sein Schritt beschwingt usw. Dies alles nehmen Hunde wahr und es wirkt auf sie sehr einladend. Sie haben Lust und Freude daran, mit ihrem gut gelaunten Menschen zusammen zu sein und ihm zu gefallen. Ebenso spiegelt sich aber auch schlechte Stimmung wider: zusammengesackte oder aggressive Körperhaltung, harscher oder genervter Tonfall, unregelmäßige oder flache Atmung, verschlossene oder grimmige Mimik usw. Dies wirkt auf Hunde abweisend, ja sogar bedrohlich und sie versuchen in der Regel auf Distanz zu bleiben oder sogar zu beschwichtigen. Schlechte Stimmung des Menschen kann bei Hunden zu Stress führen und gut sitzende Signale können nicht mehr abgerufen werden. Egal, ob wir wollen oder nicht: die analogen Anteile schwingen beim Umgang mit unseren Hunden immer mit.

Wie Hunde Informationen austauschen – über alle Sinne!

Hunde nutzen alle fünf Sinne zur Kommunikation. Dabei werden das Riechen und das Schmecken (olfaktorische und gustatorische Kommunikation) oft unter dem Begriff chemische Kommunikation zusammengefasst. Vielleicht hast du deinen Hund auch schon mal beim Beschnüffeln und Belecken einer besonders spannenden Pippi-Stelle beobachtet? Dann hast du gesehen, wie dein Hund über den Geruch und Geschmack des Fremdurins Informationen über dessen Verursacher gesammelt hat. Was für uns Menschen vielleicht ein wenig ekelig anmutet, ist für Hunde ein sehr wichtiger Kommunikationskanal. So können sie zum Beispiel auch riechen, wenn wir Menschen gestresst sind.

Auch über Berührungen (taktil) kommunizieren Hund untereinander, aber auch mit dem Menschen. Wenn dein Hund die körperliche Nähe zu dir sucht, dich beleckt oder anstupst, so ist das Kommunikation. Was will dein Hund dir sagen? Streichle mich, wir gehören zusammen, spiel mit mir…!? Einer der wichtigsten Kommunikationsformen ist die optische Kommunikation, also das, was über die Augen wahrgenommen wird. Was sagt die Mimik? Die Augen, die Ohren, die Schnauze usw.? Was kann am Körper abgelesen werden? Am Fell, der Rutenhaltung, den Beinen…? Auch für uns Menschen ist das optische Ausdrucksverhalten einer der wichtigsten Faktoren, um unseren Hund zu lesen. Und auch die akustische Kommunikation, d. h. jegliche Lautäußerung spielt eine Rolle: Bellen, Fiepen, Winseln, Knurren. Alles hat eine Bedeutung und drückt etwas aus.

Kommunikation zwischen Mensch und Hund – Grundvoraussetzungen

Eine gelingende Kommunikation zwischen Mensch und Hund setzt voraus, dass der Mensch weiß, wer er für seinen Hund sein will. Will er Kumpel sein oder Beschützer, Mentor oder väterlicher Freund? Wer möchtest du für deinen Hund sein und welche Aspekte solltest du erfüllen, damit dein Hund dich in dieser Rolle auch wahrnehmen kann? Des Weiteren mögen Hunde einen festen Handlungsrahmen, in dem sie agieren können. Sie mögen Strukturen und Regeln, denn diese geben Sicherheit. Dazu gehören Rechte und Pflichten und auch Privilegien und Tabus. Wichtig ist, dass dem Hund sein Handlungsrahmen klar ist. Aufgabe des Menschen ist es, möglichst planvoll, vorausschauend und glaubwürdig zu agieren. Je besser der Hund seinen Menschen einschätzen kann und weiß, wie sein Mensch in bestimmten Situationen reagiert, desto mehr Sicherheit erfährt er. Je willkürlicher, planloser und inkonsequenter der Mensch handelt, desto weniger ist er für seinen Hund berechenbar. Dies schürt Unsicherheiten und lässt den Menschen als Sozialpartner weniger vertrauenswürdig und zuverlässig erscheinen. Analysiere gerne einmal das Zusammenleben mit deinem Hund. Wo läuft es schon richtig rund und wo kann ggf. ein wenig aufgebessert werden?

Bei sich selber anfangen – Selbstkontrolle

Bevor du beginnst, bewusst mit deinem Hund auf der nonverbalen Ebene zu interagieren, ist es wichtig, dass du erstmal auf dich selber schaust. Ein Großteil der nonverbalen Elemente ist uns nämlich anfangs gar nicht bewusst. Möchten wir nun aber auf diese Art mit unserem Hund kommunizieren, sollten wir wissen, was da gerade passiert, was wir aussenden und wie das beim Hund ankommt. Einer der wichtigsten Faktoren ist dabei die eigene Stimmung. Sicher hast auch du schon die Erfahrung gemacht, dass das bestgeplante Training nicht klappt, wenn du selber schlecht gelaunt oder genervt bist. Dies liegt daran, dass sich Stimmungen übertagen: vom Menschen auf den Hund und auch umgekehrt. Die gute Nachricht ist, dass wir die Stimmungsübertragung nutzen können. Denn gute Stimmung in der Interaktion mit unserem Hund ist oft schon die halbe Miete.

Überprüfe dazu erst einmal, wie es dir geht. Wie gut bist du gestimmt? Bist du müde, hungrig oder musst du mal auf Toilette? Dann erledige erst einmal das! Hast du ungünstige Gedanken im Kopf? Bist du gestresst? Kontrolliere deine Stimmung: schüttle den Stress und negative Gedanken ab. Vielen Menschen hilft es, über bewusstes Atmen oder Entspannungstechniken ihre Stimmung zu regulieren. Manchmal hilft es auch einfach seinen Lieblingssong im Kopf zu singen. Hast du eine gute Stimmung hergestellt, dann halte diese und beginne nun mit deinem Hund zu arbeiten. Achtung: Oft lassen wir uns stark von äußeren Reizen beeinflussen und fallen dann schnell wieder in eine ungünstige, gestresste oder hektische Stimmung. Auch ist es gar nicht so leicht unter Ablenkung und in der Interaktion mit dem Hund die eigene, positive und ruhige Stimmung zu behalten. Nicht umsonst gehört die bewusste Anwendung von Stimmungsübertragung zu einer der Königsdisziplinen im Hundetraining. Gib also nicht zu schnell auf. Auch hier gilt: Übung macht den Meister!

Körpersprache – Bewusst und sinnvoll eingesetzt

Um mit dem Hund auf körpersprachlicher Ebene zu kommunizieren, ist es wichtig, sich über die eigene Körpersprache bewusst zu werden und zu wissen, wie diese auf den Hund wirkt. Ein fixierender Blick in die Augen, ein Über-den-Hund-beugen oder Gerade-auf-ihn-zu-laufen wirkt auf den Hund eher bedrohlich. Er wird vermutlich versuchen Abstand zu halten. Während ein Seitliches-zum-Hund-stellen, das Abwenden des Blickes und eine Verlagerung des Körperschwerpunkts weg vom Hund eher einladend wirkt.

Versuche doch mal deinen Hund nur mit Hilfe deiner Körpersprache dazu zu bekommen zu dir zu laufen, quasi ein Abruf ohne Rufen. Fixiere deinen Hund dazu mit einem Sitz oder Platz und entferne dich ein paar Meter von ihm. Um ihm mitzuteilen, dass du gleich etwas von ihm möchtest, kannst du dann kurz ein Aufmerksamkeitssignal, z. B. seinen Namen sagen. Dann bringe ihn nur anhand deiner Körpersprache und Blickrichtung dazu, zu dir zu kommen. Tue also etwas, was auf deinen Hund einladend wirkt: seitlich ein wenig abwenden, hinhocken, deinen Blick dorthin wandern lassen, wo dein Hund hingehen soll.

Du darfst gerne ein wenig ausprobieren. Oft hilft es auch, sich selber in der Interaktion mit dem Hund zu filmen. So kannst du hinterher nochmal ganz genau schauen, was du getan hast und wie dein Hund darauf reagiert hat. Als nächstes könntest du probieren deinen Hund nach dem Einladen zu dir auf halben Weg körpersprachlich zu stoppen. Dazu könntest du dich groß machen, frontal zum Hund stellen oder einen Schritt auf ihn zugehen, auch die Arme und Hände abwehrend zu ihm ausrichten etc.

Achtung: Hier geht es nicht darum, den Hund zu erschrecken oder ihm Angst einzujagen. Daher baue nur soviel Körperspannung auf, wie dein Hund braucht, um stehen zu bleiben und übertreibe es nicht. Denk dran: Hunde sind in der Regel sehr fein darin, uns zu lesen. Nach dem Stopp lade deinen Hund unbedingt wieder zu dir ein und lobe ihn!

Ist nonverbale Kommunikation für alle Hunde geeignet?

Wie bereits weiter oben erwähnt, können wir die nonverbale Kommunikation gar nicht verhindern. Wir können nicht unterbinden, dass unser Hund unsere Stimmung wahrnimmt, uns beobachtet und auch auf die nonverbalen Anteile in der Kommunikation reagiert. Es gibt jedoch Hunde, bei denen wir mit dem Einsatz der Körpersprache vorsichtiger sein sollten. Dazu gehören zum Beispiel Hunde, die schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben, und nun (teilweise) Angstverhalten ihnen gegenüber zeigen. Diese Hunde reagieren äußerst sensibel auf körpersprachlichen Druck, bedrohliche Verhaltensweisen oder ähnliches. Hier könnte eine Übung wie das körpersprachliche Stoppen schon so bedrohlich wirken, dass der Hund in großen Stress gerät. Es kann sogar sein, dass er aus der Bedrängung heraus in ein Abwehrveralten übergeht und schnappt.

Vorsicht ist auch geboten bei Hunden, die schlecht oder gar nicht auf den Menschen sozialisiert sind. Haben Hunde im ersten halben Lebensjahr keine oder nur sehr wenige Erfahrungen im Umgang mit Menschen sammeln können, sind sie auch im Lesen der menschlichen Körpersprache benachteiligt. Sie verstehen dann einfach nicht, was der Mensch ihnen sagen will und können dementsprechend auch gar nicht angemessen darauf reagieren. Auch hier ist Stress vorprogrammiert. Daher wäge gut ab und hole dir ggf. Rat bei einem positiv arbeitenden Hundetrainer, um zu schauen, in wie weit die nonverbale Kommunikation bei euch gefördert werden kann.


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften.


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