Hilfe, mein Hund bellt am Gartenzaun

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Hund bellt am Gartenzaun

Viele Hundehalter kennen das Problem: der Hund bellt am Gartenzaun. Auslöser für den Tumult können Menschen, andere Hunde oder auch Fahrzeuge sein. Wie aus dem Nichts rast der Hund plötzlich Richtung Zaun und bellt wie verrückt. Oft rennt er noch sehr ausdauernd am Zaun hin und her und bellt solange, bis der Auslöser auch wirklich weg ist. Versuche, das Verhalten in den Griff zu bekommen, haben die meisten Halter schon gestartet. Sie haben es mit Schimpfen versucht oder probiert, den Hund möglichst schnell am Zaun einzufangen oder versucht ihn mit Futter oder seinem Lieblingsspielzeug abzulenken. Um das Problem jedoch wirklich auf den Grund zu gehen, lohnt es sich, dieses einmal eingehender zu betrachten.

Warum bellt der Hund am Gartenzaun?

Fakt ist, dass Hunde nie etwas grundlos tun. Um einem problematischen oder unerwünschten Verhalten Einhalt gebieten zu können, macht es Sinn, zuerst eine Frage zu beantworten: Warum verhält sich dieser Hund in dieser Situation so? Darauf kann es je nach Hund unterschiedliche Antworten geben. Schauen wir uns die häufigsten Ursachen und mögliche Lösungen für das Bellen am Gartenzaun gemeinsam einmal an.

Grund 1: Bellen, weil es die Genetik vorgibt

Es gibt Hunde, die schon von Grund auf sehr viel bellfreudiger sind als ihre Artgenossen. Das kann an ihrer Genetik liegen. Hunde, die dafür gezüchtet wurden, durch Bellen ihre Menschen zu warnen, dass etwas außer der Reihe passiert oder sogar Eindringlinge auf diese Art vertreiben sollten, neigen zu einem intensiveren Bellverhalten. Sie schlagen sehr viel häufiger an und sind dabei auch ausdauernder als andere Hunde. Zu den sehr bellfreudigen Rassen gehören zum Beispiel Spitze, Samojeden, viele Hütehunde und auch Herdenschutzhunde.

Was früher in ländlichen Gegenden sehr nützlich war, nämlich durch Bellen mitzuteilen, wenn sich Fremde näherten oder Fressfeinde sich an die Viehherde anschlichen, ist heute in dichtbesiedelten Gebieten problematisch. Während an einem Gehöft früher nur hin und wieder jemand vorbei kam, so wird der Garten in der Siedlung alle Nase lang von jemandem passiert – quasi ein Fulltime-Job für einen Wachhund.

Was kann man tun?

Die genetische Komponente können wir natürlich nicht beeinflussen. Ist ein Hund darauf „programmiert“ gerne und viel zu bellen, so stellt dies ein Grundbedürfnis dar, das nicht dauerhaft unterdrückt werden kann. Wird es dennoch versucht, können weitere Probleme entstehen. Daher ist es am besten, schon vor der Anschaffung des Hundes Informationen bezüglich der Bellfreudigkeit zu sammeln und zu prüfen, ob dies mit den eigenen Vorstellungen und der Lebenswelt zusammenpasst.

Natürlich können wir aber auch bei bellfreudigen Rassen durch ein gutes Training einiges bewirken. Je früher damit begonnen wird, desto besser. Eine Möglichkeit besteht darin, das Bellen unter Signalkontrolle zu setzen. Du bringst deinem Hund also bei, auf ein bestimmtes Signal wie „gib laut“ zu bellen. So kann dein Hund sein Bellbedürfnis kontrolliert an Orten und zu Zeiten ausleben, die du bestimmst. Hat dein Hund genug Gelegenheiten zu bellen, wird es viel leichter, ihm das Bellen dort, wo es nicht passt abzutrainieren und ihn stattdessen etwas anderes tun zu lassen.

Grund 2 – Bellen aus Unsicherheit oder Angst vor einer Bedrohung

Viele Hunde bellen am Gartenzaun, weil sie in Sorge sind. Aus ihrer Sicht ist die Annäherung von fremden Menschen, Hunden oder auch Fahrzeugen bedrohlich. Sie machen sich Sorgen um ihr Territorium – den Garten – oder um sich selbst. Daher reagieren sie frei nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“: sie rennen los und bellen, um die Bedrohung möglichst eindrucksvoll zu vertreiben. Und wer hätte es gedacht: sie machen immer wieder die Erfahrung, dass das richtig gut klappt und die Störenfriede tatsächlich verschwinden. Sehr schnell entwickelt sich eine Strategie, die immer enthusiastischer umgesetzt wird. Auch hier hilft schimpfen nicht. Entweder interpretiert der Hund es als Mitmachen seines Menschen, also ein gemeinsames Aufregen und Vertreiben. Oder er wird dadurch noch mehr verunsichert, da er jetzt zusätzlich zu der Bedrohung von außen auch noch von seinem Halter Ärger bekommt.

Was kann man tun?

Da die Ursache für das Bellen in diesem Fall ein ungutes Gefühl im Angesicht bestimmter Reize ist, ist es am sinnvollsten, zunächst dieses Gefühl zu verändern. Dafür brauchst du im ersten Schritt etwas, das dein Hund richtig, richtig toll findet. Es sollte etwas sein, das bei deinem Hund ein extrem gutes Gefühl auslöst. Das kann ganz besonderes und schmackhaftes Futter wie zum Beispiel gekochte Hühnerherzen, Leberwurst oder kleine getrocknete Fische sein. Oder auch ein richtiges tolles Spielzeug. Verwende das, was für deinen Hund richtig spitze ist.

Dann startest du das Training. Am besten ist es, deinen Hund dabei an einer Leine abzusichern. So kannst du im Fall der Fälle verhindern, dass er zum Zaun rennt. Halte am Anfang einen möglichst großen Abstand zum Zaun oder zu den bedrohlichen Reizen. Dein Hund sollte sie wahrnehmen können, aber nicht bellen. Ab dem Moment, in dem der bedrohliche Reiz auftaucht bis zu dem Augenblick, in dem er wieder verschwindet, bekommt dein Hund nun dauerhaft das richtig gute Futter oder wird mit dem tollen Spielzeug beschäftigt. Ist der Auslöser weg, verschwindet auch das Futter bzw. Spielzeug. Ziel ist es, dass das Auftauchen der „Bedrohung“ später nicht mehr die Sorge weckt, sondern das Gefühl, dass gleich etwas richtig Tolles passiert. Hat sich das Gefühl deines Hundes positiv verändert, kannst du anfangen, an einem alternativen Verhalten zu arbeiten. Dies könnte darin bestehen, zu dir zu kommen oder auch auf eine Decke zu gehen. Wähle das Alternativverhalten, dass am besten zu euch und eurer Situation passt.

Grund 3 – Bellen aus Langeweile und Spaß

Manche Hunde bellen am Gartenzaun, weil sie einfach nichts Besseres zu tun haben. Wir Menschen haben oft die Vorstellung, dass es für den Hund ja schön ist, draußen im Garten zu sein und Spaß zu haben. Wir machen die Terrassentür auf und schicken den Hund raus. „Viel Spaß, geh schön spielen!“. Dabei ist alles, was Hunden allein im Garten wirklich Spaß macht in der Regel nicht erwünscht: den Rasen umbuddeln, Pflanzen austopfen oder auf dem Gartenschlauch herumkauen. Sie suchen sich dann andere kreative Verhaltensalternativen, die Spaß machen, der Langeweile entgegenwirken und dazu führen, dass ihr Mensch ihnen wieder Aufmerksamkeit widmet. Bellen am Zaun steht da oft ganz oben auf der Liste.

Was kann man tun?

Falls dein Hund am Gartenzaun bellt, weil ihm langweilig ist, biete ihm bessere Beschäftigungsalternativen. Allem voran stehen natürlich Dinge, die er mit dir gemeinsam machen kann, denn das ist für die meisten Hunde das Größte: Quality time mit ihrem Menschen. Spiele mit deinem Hund, übe Tricks, lasse ihn Futter oder Spielzeug suchen oder entspanne einfach nur mit ihm. Aber sei mit ihm zusammen im Garten und zeig ihm, dass man auch ohne bellen am Zaun Spaß haben kann.

Natürlich sollte dein Hund auch lernen, eine gewisse Zeit allein im Garten zu sein, ohne direkt wieder in das alte Verhalten zu fallen. Auch hierfür brauchst du wieder ein Alternativverhalten. Was soll dein Hund tun, statt am Zaun zu bellen? Soll er zu dir kommen und dich anstupsen, um zu sagen, dass gerade jemand draußen am Grundstück vorbeigegangen ist? Soll er auf seinen Platz gehen? Soll er ein Spielzeug bringen? Wähle ein Alternativverhalten, das euch beiden entgegenkommt und trainiere dies zunächst ohne Ablenkungen, damit du es dann für Situation am Zaun sicher abrufen kannst.

Außerhalb des Trainings – Gutes Management

Damit dein Hund sich, bis das Training greift, nicht länger im unerwünschten Verhalten üben kann und es sich so immer mehr verfestigt, ist ein gutes Management wichtig. Dazu zählt, dass dein Hund erst einmal nicht mehr allein im Garten sein sollte. Auch eine Leine, die dein Hund mitschleift, wenn ihr draußen seid, ist sinnvoll, da du ihn so schneller wieder einfangen und unterbrechen kannst. Bei manchen Hunden reicht es auch, wenn sie gerade mit etwas Wichtigerem beschäftigt werden, zum Beispiel einem tollen Kauknochen oder dem Suchen nach Futterbröckchen auf dem Rasen. Welche Managementmaßnahmen für euch geeignet sind, hängt wieder sehr von eurer individuellen Situation ab.

Fazit

Oft ist es nicht so leicht zu erkennen, warum ein Hund ein bestimmtes Verhalten zeigt. Die verschiedenen Ursachen können sich mischen und machen es schwer, den richtigen Ansatz im Training oder auch im Management zu finden. Daher ist es sinnvoll, einen positiv arbeitenden Hundetrainer als Unterstützung zu Rate zu ziehen, der dich unterstützen kann die Ursache des Bellens genau und individuell zu erkennen.


KristinaKristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften.


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