Rückrufsignal trainieren


Das Rückrufsignal kann vermutlich als die Königsdisziplin im Hundetraining bezeichnet werden. Wenn sich der Hund verlässlich aus dem ausgelassenen Spiel mit anderen Hunden abrufen lässt oder auch, wenn er gerade Wild in der Ferne gesichtet hat und trotzdem auf der Stelle kehrtmacht, sobald er sein Rückrufsignal wahrnimmt, macht einen das als Besitzer schon verdammt stolz und das natürlich zu Recht!

Wieso dieses Signal?

Die Vorteile liegen auf der Hand: Den eigenen Hund abrufen zu können, bedeutet mehr Sicherheit und Kontrolle und gleichzeitig mehr Freiheiten für den Vierbeiner. Ein Hund, der nicht abrufbar ist, sollte auch nicht ohne Leine auf öffentlich zugänglichen Flächen laufen. Hier steht die gegenseitige Rücksichtnahme im Fokus und die sollte jedem Hundehalter wichtig sein. Nicht jeder Passant oder andere Hundehalter möchte Kontakt mit fremden Hunden. Daher sollte man den eigenen Hund immer bei sich behalten – solange bis der andere sein „Okay“ gibt, dass sich beide Hunde begrüßen dürfen. Es ist möglich, dass der andere Hund gerade im Training ist oder vielleicht schlechte und traumatisierende Erfahrungen machen musste, weshalb es fatal wäre, wenn der eigene Hund nun zu ihm flitzen und nicht auf den Rückruf reagieren würde.

Wie sieht das Training aus?

Bekommst du einen Welpen, so bietet es sich an, dir den natürlichen Folgetrieb zunutze zu machen und bereits früh ein Rückrufsignal zu etablieren. Das kann spielerisch beim Spaziergang geübt werden. Seid ihr zu zweit, könnt ihr euch einfach mit ein paar Metern Entfernung positionieren und dann den Namen eures Hundes und „Komm“ oder „Hier“ abwechselnd rufen. Kommt er bei euch an, freut ihr euch total und belohnt ihn für sein Kommen. Dann ruft der andere und wiederholt den Ablauf. Einem Welpen reichen bereits wenige Wiederholungen, da er sich zum einen nicht lange konzentrieren kann und zum anderen bereits viele weitere Reize auf ihn einprasseln.

Dein erwachsener Hund kennt vermutlich schon einen Rückruf, kann dies aber auch neu erlernen, wenn er zum Beispiel aus dem Tierschutz zu dir kam und dies noch nicht kennengelernt hat oder du das Signal einfach nochmal neu aufbauen möchtest. Das Prinzip ist recht simpel, denn dein Vierbeiner soll im Prinzip verstehen, dass es sich lohnt, bei dir zu sein und vor allem zu dir zurückzukehren, egal welcher Reiz gerade noch so verlockend sein mag. Du baust das entsprechend positiv auf, belohnst ihn, wenn er in deiner Nähe ist/bleibt und wenn er den Blickkontakt sucht. Um dich interessanter zu machen, kannst du ein Spielzeug mitnehmen, das du für ihn versteckst, zwischendurch seine bekannten Signale trainieren oder auch Schnüffelspiele einbauen. So vermeidest du, dass dein Hund bald alles interessanter findet, außer bei dir zu sein, denn da passiert nun mal nicht so viel, wie auf der nächsten Wiese oder die Gerüche im nächsten Busch.

Kommt dein Vierbeiner wenn du ihn rufst, bekommt er natürlich ein tolles Leckerli oder darf mit seinem Spielzeug spielen. Sitzt das Signal schon sehr gut, fängst du an ihn nach dem „Glücksspiel-Prinzip“ zu belohnen. Das heißt, mal bekommt er eine ganz besondere Leckerei, mal folgt ein tolles Spiel mit dir als Belohnung und mal folgt eine Übung, die dein Hund gerne mag etc. Sei beim Belohnen gerne kreativ. Wichtig ist jedoch, dass dein Hund weiß, dass es immer eine gute Idee ist auf den Rückruf zu reagieren.

Der Aufbau des sicheren Rückruf

Bei vielen Hunden funktioniert der Rückruf mit einer speziellen Belohnung, dem „Jackpot“, besonders gut. Diesen bekommt dein Hund nur dann, wenn er auf das Rückruf-Signal, das du dir vorher ausgedacht hast, gekommen ist. Das Signal sollte nicht übermäßig häufig genannt werden, also kein Wort des alltäglichen Sprachgebrauchs sein und nur gezielt eingesetzt werden. Du kannst dir ein lustiges Wort aussuchen oder auch den Einsatz einer Pfeife einführen und diese konditionieren. Der Vorteil einer Hundepfeife ist, dass diese neutral und nie mit Emotionen behaftet ist. Unser Hund merkt selbstverständlich, ob wir ihn gut gelaunt rufen, gestresst sind, es uns bereits peinlich vor Passanten wird oder wir wütend sind. Entsprechend könnte er abwägen, ob es sich lohnt zu kommen oder es lieber lässt. Ertönt der Pfiff der Pfeife jedoch, so klingt dieser jedes Mal gleich und es folgt jedes Mal der verlockende Jackpot – eine sichere Bank also!

Achtung: Für manche Hunde wird es schnell langweilig, wenn sie immer genau wissen welche Belohnung sie erwartet: sogar, wenn es der Jackpot ist. Hier solltest du deinen Hund gut beobachten und ggf. die Belohnungen variieren.

Schritt 1

Du beginnst das Training in einem reizarmen Umfeld, in dem du dir sicher bist, dass du die Aufmerksamkeit deines Hundes hast und er nicht abgelenkt wird. Starte also absolut einfach, so dass das Signal aufgebaut werden kann und dein Hund das Prinzip verinnerlicht. Im ersten Schritt geht es darum das neue Signal mit einem tollen Gefühl zu belegen. Dazu hältst du deinen Jackpotbelohnung hinter den Rücken bereit.

Schritt 2

Nun gibst du dein neues Rückrufsignal, wenn dein Hund in deiner unmittelbaren Nähe ist und gibst ihm direkt danach den Jackpot. Wichtig: dein Hund muss an dieser Stelle noch nicht zu dir kommen. Das Signal soll nur zur Ankündigung des Jackpots werden! Circa zehn bis 15 Wiederholungen reichen dazu aus.

Schritt 3

Löst das Signal ein gutes Gefühl bei deinem Hund aus und er wendet sich direkt danach zu dir um, folgt der nächste Schritt: das Herankommen. Die ersten Male bist du noch sehr nah bei deinem Hund – wenige Schritte Entfernung reichen aus – er soll schließlich erst einmal verstehen, dass er kommen soll, wenn er den Pfiff oder das Wort hört. Halte den Jackpot wie gehabt bereit, entferne dich einige Schritte von deinem Hund und gib nun dein neues Signal. Dein Hund wird nun freudig zu dir kommen. Ist er bei dir angekommen, gibt es den Jackpot.

Das Signal festigen

Erweitere die Distanzen nach und nach. Gehe dann auch mal in den Nebenraum, im nächsten Schritt danach in den Garten und wenn all das super funktioniert, kannst du es beim Spaziergang ausprobieren. Achte aber darauf, dass keine Ablenkung vorhanden ist, denn der Rückruf soll auf jeden Fall funktionieren. Da der neu erlernte Rückruf noch nicht gefestigt ist, also noch nicht verlässlich sitzt, solltest du nichts übereilen. Steigere dich am besten langsam und sei dir vorher sicher, dass es klappen wird. Dein Hund sollte möglichst gar nicht die Erfahrung machen, dass Nicht-Kommen eine Option ist. Du solltest diesen speziellen Rückruf daher mit Bedacht und nicht als ständiges Rückrufsignal einsetzen. Steigere die Anforderungen in kleinen Schritten.

Beim Rückrufsignal beachten

Auch bei dem Rückruftraining solltest du das Auflösen nicht vergessen, damit dein Hund nicht gleich wieder umdreht, sobald er seine Belohnung entgegengenommen hat. Erst wenn er dein „Okay“ erhält, darf er wieder loslaufen.
Achte darauf, dass dein Rückrufsignal für deinen Hund langfristig positiv bleibt. Oft verfallen Halter darin ihren Hund nur zu rufen, wenn es gerade nötig ist und er wieder angeleint werden muss, weil eine Ablenkung, z.B. andere Menschen oder Hunde ins Spiel kommen. Dies kann schnell dazu führen, dass die Hunde lernen, dass nach dem Rückruf der Spaß vorbei ist. Rufe deinen Hund also lieber häufiger „ohne Grund“, belohne ihn und entlasse ihn wieder in den Freilauf, als dass du ihn nach dem Rückruf anleinst. Viel Spaß beim Üben!


Kristina Ziemer-Falke ist zertifizierte Hundetrainerin und Verhaltensberaterin durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein und das Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Darüber hinaus verfügt sie über viele Zusatzausbildungen und Schwerpunkte und ist im Prüfungsausschuss der Tierärztekammer Niedersachsen für die Hundetrainerzertifizierungen.
Mit ihrem Mann Jörg Ziemer gründete sie das Schulungszentrum Ziemer & Falke, in dem sie seit vielen Jahren mit viel Herz, Leidenschaft und Kompetenz Hundetrainer in ganz Deutschland ausbilden und viele Weiterbildungsangebote anbieten. Viele kennen Kristina außerdem als erfolgreiche Autorin von Fachbüchern für Hundetrainer und Hundehalter sowie aus Artikeln beliebter Hundezeitschriften.